10 VORKOMMEN VON ARTEN UND DEREN VIELFALT IST DAS ERGEBNIS DER EVOLUTION

Heilpflanzen im Wald

Wälder sind eines der Ökosysteme (siehe Kapitel 2.6 Ökosysteme), die einen großen Teil unseres Landes bedecken. In den Wäldern finden wir eine Reihe von Heilpflanzen, die sowohl in der Pharmazie als auch in der Naturheilkunde verwendet werden. In Eichenwäldern können wir Eichenrinde sammeln. Verwendet wird die Rinde junger Äste (bis 10 cm Durchmesser) von unseren einheimischen Eichen (Stieleiche – Quercus robur und Traubeneiche – Quercus petraea, Familie Buchengewächse – Fagaceae). Sie enthält die meisten der wirksamen Gerbstoffe (Tannine). Aus der Rinde werden Bäder und Spülungen zubereitet, die bei Erfrierungen und Verbrennungen, Hämorrhoiden und gegen übermäßige Schweißbildung (Füße) verwendet werden.

Nadelwälder

In Nadelwäldern (Kiefern oder Fichten) und in Moorwäldern findet man die Heidelbeere (Vaccinium myrthillus, Familie Heidekrautgewächse, Ericaceae), deren Früchte (Beeren) Gerbstoffe und einen dunkelvioletten Farbstoff (Anthocyane) enthalten. Heidelbeeren werden gegen Durchfall, Darmkatarakte und Entzündungen der Mundhöhle eingesetzt und verbessern das Sehvermögen (Regeneration des Sehpurpurs). Blättern von Heidelbeeren enthalten Glucosamine und werden in Teemischungen zur Verbesserung der Blutzuckerwerte verwendet.

Laubwälder

In den Laubwäldern unserer Mittelgebirge wächst die Winterlinde (Tilia cordata) in Gebirgslagen die Sommerlinde (Tilia platyphyllos), beide aus der Familie der Malvengewächse (Malvaceae). Geerntet werden die Blütchen die Glykoside, Kieselsäure, Schleimstoffe, und ätherische Öle enthalten. Tee aus Lindenblüten wird verwendet, um Schwitzen zu unterstützen, Krämpfe und Hustenreiz zu lindern.

Waldlichtungen

Auf Lichtungen wachsen Vertreter der Familie Rosengewächse (Rosaceae): Brombeeren (Rubus sp.) mit dunklen Früchten und Himbeeren (Rubus idaeus) mit roten Früchten. Wir finden auch Walderdbeeren (Fragaria vesca). Die Blätter dieser Arten enthalten Gerbstoffe, haben eine adstringierende, leicht antibakterielle und fungizide Wirkung und werden in Tees verwendet.

Beerenblätter-Tee

Auch in der Schule können wir im Frühjahr unseren eigenen fermentierten Tee aus jungen Blättern der Brom-, Him- und Erdbeeren herstellen, ähnlich wie schwarzer Tee aus fermentierten Blättern des Teestrauchs hergestellt wird. In diesem Tee finden sich auch Tannine. Sie werden in den Blättern der Pflanzen in kleinen grünen Knötchen gespeichert. Wenn die Blätter der o.g. Pflanzen eingesammelt und fermentiert werden, werden diese Speicher aufgebrochen, die Tannine können aktiv werden und so ihre Wirkung entfalten.

Abbildung 115: Tannine-Tee aus Himbeeren, Erdbeeren und Brombeeren

Der Tee wird folgendermaßen hergestellt:

Junge Brombeer-, Himbeer- und Erdbeerblätter werden möglichst weit oben am Busch eingesammelt und ganz kurz gewaschen. Wenn man sie zu gründlich wäscht, würde man die Mikroorganismen, die für die Fermentierung notwendig sind. Damit die Blätter gleichmäßig fermentieren, werden Sie etwas aufgebrochen, in dem sie auf einer ebenen Fläche ausgelegt und mit einem Nudelholz einige Male fest überrollt werden bis etwas Pflanzensaft austritt. Das noch feuchte Blattmaterial kann in eine durchsichtige Plastiktüte oder in einen Leinenbeutel gepackt werden, bei letzterem muss allerdings darauf geachtet werden, dass er in den nächsten zwei Tagen nicht austrocknet. Während der zwei Tage im Gärbeutel, der am besten im Warmen liegt, sollte sich die Flüssigkeit immer wieder gleichmäßig verteilen können, das kann zum Beispiel durch ein kurzes Durchkneten oder Schütteln der Tüte geschehen. Falls das Blattmaterial zu feucht ist, fangen die Blätter schnell an zu schimmeln, was am typischen weißen Schimmel und am muffigen Geruch der Blätter erkennbar ist. Daher sollte die Tüte, wenn sich sehr viel Feuchtigkeit gebildet hat zwischendurch geöffnet werden, damit die Blätter etwas abtrocknen können. Die Blätter sollten sich dunkel färben und aromatisch duften. Nach spätestens drei Tagen im Beutel wird der Inhalt zum Trocknen ausgebreitet, am besten in der Sonne. Wenn der Tee vollständig trocken ist, kann er ggf. noch etwas zerkleinert und trocken aufbewahrt werden. Die Blätter werden mit heißem Wasser aufgegossen und können nach fünf bis zehn Minuten getrunken werden.

Eine andere Pflanze auf Lichtungen und am Waldrand, das Schmalblättrige Weidenröschen (Epilobium angustifolium) aus der Familie der Nachtkerzengewächse (Onagraceae) wird bis zu einem Meter hoch, hat rosafarbene Blüten und lanzettförmige Blätter. Das blühende Kraut enthält hauptsächlich Gerbstoffe und Flavonoide und wird zur Behandlung von Prostatakrankheiten und Harnwegsentzündungen verwendet.

Abbildung 116: Schmalblättriges Weidenröschen (Epilobium angustifolium)